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Der Architekt als Gebäudewandler

Architektur 3 spezialisiert sich auf Umnutzung und setzt Impulse

Jahrhundertelang war es gute Tradition: Bestandsgebäude wurden für veränderte Nutzungen angepasst, umgebaut und erweitert. Nachdem in den letzten Jahrzehnten bei verändertem Bedarf eher der Abriss und vor allem der Neubau Baupraxis waren, steht zum Schutz des Klimas und der Ressourcen jetzt die Weiter- und Umnutzung unserer Bestandsgebäude wieder im Fokus. Architektur 3 hat sich in den letzten Jahren darauf spezialisiert und wurde so zum „Gebäudewandler“ oder neudeutsch „Buildingtransfomer“.

Dabei sind die Aufgaben ganz unterschiedlich und vom jeweiligen Bau sowie von der geplanten Nutzungsidee abhängig – als Gebäudeentwickler fühlt sich Architektur 3 in der Pflicht, auch die Nutzungsmöglichkeiten aufzuzeigen. 

Alle Projekte haben zum Ziel, „Graue Energie“ zu nutzen. Darunter versteht man die Energie, die in einem Bestandsbau bereits verbaut wurde; also die Energie zur Herstellung der Bauteile, für Transport und Aufbau. Außerdem prägen Altbauten, vor allem denkmalgeschützte Häuser, unsere Städte und Gemeinden; sie sind gebautes Erbe und für unsere architektonische Identität unverzichtbar. 

Ein wichtiges gesellschaftliches Ziel ist auch die Stärkung der Dorf- und Stadtzentren. In vielen Gemeinden gibt es keine Gastwirtschaften mehr. Menschen müssen aber Raum haben, um sich zu treffen, Konversation zu pflegen und Kultur zu erleben. Deswegen hat Architektur 3 im alten Pferdestall der Familie Gütermann in Gutach im Rahmen des Projektes „Gutshof“ einen Bürgertreff initiiert. Geführt wird dieser von einem Verein. In das bestehende Gebäude wurde ab dem 1. OG eine Sekundärstruktur aus Holz integriert und somit  kostengünstiger Mietwohnraum geschaffen. Der Treffpunkt für die Bürgerschaft befindet sich im Erdgeschoss. 

Bei der Sanierung konnte die historische Fassade bis auf kleinere Eingriffe, die sich durch die Umstrukturierung im Inneren ergaben, erhalten werden. Neben notwendigem Wohnraum wurde im ehemaligen Pferdestall im Erdgeschoss der Dorftreff eingerichtet. Durch die Beibehaltung wesentlicher Gestaltungsmerkmale, wie etwa den früheren Pferdeboxen, konnte ein identitätsbildender Ort für die ganze Bürgerschaft geschaffen werden. 

Ein ähnliches Konzept wie beim Gutacher Gutshof wurde vier Jahre später in Bleibach ins Leben gerufen. Auch hier konnte sichergestellt werden, dass im Dorf weiterhin gemeinsamer Raum für die Gemeinschaft zur Verfügung steht. Bei diesem Projekt hat Architektur 3 das denkmalgeschützte Gasthaus „Sonne“ aus den Anbauten der 1960er- und 1970er-Jahre herausgeschält und in die ursprüngliche, historische Form zurückversetzt. Die Etagen ab dem Erdgeschoss wurden zu Mietwohnungen umgestaltet, die aufgrund der vorgefundenen Raumstruktur und Materialität sehr individuell konzipiert gestaltet werden konnten. Im Gewölbekeller befindet sich als Ersatz für die abgängige Wirtschaft ein Bürgertreff, der auch das kulturelle Angebot in der Gemeinde bereichert.

Was die Macher freut, ist, dass die Konzepte auch in Fachkreisen anerkannt werden. So beim Auszeichnungsverfahren Baukultur Schwarzwald, bei dem der Nordflügel des Gutshofes in Gutach sowie auch die Neugestaltung und Sanierung der „Sonne“ in Bleibach mit einer Auszeichnung versehen wurden 

Jurybewertung Gasthaus „Sonne“, Bleibach

Die sensible Sanierung und Umnutzung des denkmalgeschützten ehemaligen Gasthauses „Sonne“, die architektonisch anspruchsvolle Ergänzung mit einem Holzhybridbau wie auch die Berücksichtigung eines Bürgertreffs sind vorbildhaft für Bauen im Bestand und eine Belebung von historischen Ortskernen. 

Der winkelförmig platzierte Neubau nimmt in seiner First- und Traufhöhe, der Giebelstellung und im gesamten Bauvolumen Bezug zur umgebenden Bebauung. Die vorgefundenen Bauformen dienen als Inspirationsquelle und Ausgangspunkt für den eigenen Entwurfsansatz. 

Die lebendige Fassadengestaltung zeigt sich in zeitgemäßer Optik und bildet einen gelungenen Kontrast zum zurückhaltend verputzten Altbau. Holz als regionaltypisches Baumaterial kommt sowohl im Bereich der Außen- und Innenwände als auch bei den sichtbar belassenen Decken zur Anwendung. Der Altbau wird ergänzt um eine neu interpretierte Loggia, die die Formensprache des benachbarten Neubaus aufnimmt und eine Symbiose schafft zwischen traditionellem und modernem Bauen. 

Im Innern des Altbaus wird wertvolle historische Bausubstanz angemessen herausgearbeitet, ohne pittoresk zu wirken oder eine vordergründige Rustikalisierung zu befördern. Entstanden ist ein Wohnungsangebot nach aktuellen Standards, das in seiner Nutzungsvielfalt nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die sozialen Aspekte glaubwürdig mitberücksichtigt. 

Abgerundet wird das stimmige Konzept durch das Angebot eines Bürgertreffs im Gewölbekeller des Altbaus. 

In der Summe ein kreativer Beitrag zum Denkmalschutz und zur Stärkung einer lebendigen Ortsmitte, mit regional angemessener und identitätsstiftender Formensprache. 

Fotos: Oliver Kern und Architektur 3

Firmeninformationen

Architektur 3
Am Stollen 18
79261 Gutach i. Brsg.