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Architektur 3

Ihrer Zeit voraus: erste energieautarke Fabrik

Am 1. Mai 2000 ging die erste energieautarke Fabrik in Deutschland offiziell in Betrieb. Eine Besonderheit bei der Zukunftsfabrik der Wasserkraft Volk AG ist nicht nur das Energiekonzept, welches durch Wasserkraft Strom erzeugt und seine Wärme vor allen Dingen durch Grundwasserwärmepumpen generiert, sondern auch die Tatsache, dass die Außenhülle des Gebäudes komplett aus Holz errichtet wurde. Das Gesamtprojekt erhielt 2003 für die innovative Konzeption den Deutschen Solarpreis. Ein Industriebau aus Holz war vor über 20 Jahren ungewöhnlich. Vor allen Dingen konnten viele Firmeninhaber und Unternehmer damit gar nichts anfangen. Einem energieautarken Gebäude, das neben einer umweltfreundlichen Heizung auch noch eine ökologisch basierte Kühlung beinhaltete, stand man ebenfalls misstrauisch gegenüber, Strom kam ja üblicherweise im Überfluss aus der Steckdose und die Atomkraft löste alle energiepolitischen Probleme. Dass etwa zehn Jahre später eine energiepolitische Wende eingeleitet werd

en würde und man sich bundesweit von der Atomkraft verabschiedete, konnte man Ende der 1990er-Jahre, während der Planungszeit des Gebäudes, nur hoffen.                                                                                                                    

Ein gern gesehener Gast bei der WKV AG war der Umweltpolitiker und Träger des Alternativen Nobelpreises Hermann Scheer. Er prägte im Zusammenhang mit der Zukunftsfabrik den Slogan „Lowtech ist Hightech“. In dem Gebäude ist nämlich nur genau so viel Technik verbaut, wie gerade für das Funktionieren der technischen Anlagen nötig ist. Der Technikraum hat dabei eine Fläche von etwas mehr als 30 m². Darin stehen drei Wärmepumpen, die mit rund 25 kW eigen erzeugtem Strom rund 110 kW Wärmeenergie produzieren. Mit dieser Ausgangsenergie hat man in den 1960er-Jahren noch ein Zweifamilienwohnhaus beheizt. Bei der Zukunftsfabrik heizt man damit nicht nur die Produktionshallen, sondern auch die Verwaltung. Heizen mit Strom war vor 20 Jahren noch verpönt. Durch Eigenstromerzeugung, die mittlerweile für viele durch Photovoltaik möglich ist, hat sich diese Sichtweise im Übrigen komplett verändert.                                                                                                             

Eine weitere Herausforderung für die Planer war es, ein derart innovatives Gebäude kostengünstig zu errichten. Durch die Zusammenarbeit mit regionalen und innovativen Handwerksunternehmen ist es durch eine Planungsoptimierung im Bauteam gelungen, die Baukosten im Rahmen des vorgegebenen Finanzrahmens zu realisieren. Dabei wurden die Holzelemente im Wand- und Dachbereich vorgefertigt und bereits elementiert an die Baustelle angeliefert. Dies führte

zu Zeit- und Kostenersparnissen. Die Bauzeit betrug trotz der Komplexität gerade etwas mehr als zehn Monate. Es wurden vor allen Dingen Holzrahmenbauelemente verwendet.      

Brennerei: Holz statt gesichtslose Blechhalle

Wirtschaftlich kann man allerdings auch mit Brettsperrholztafeln arbeiten. Für das Logistikzentrum der Elztalbrennerei in Gutach wurde ein 5000 m² großes Gebäude geplant, bei dem die Außenwände und auch das Dach aus Brettsperrholzelementen errichtet wurden. Die Wände zwischen den einzelnen Brandabschnitten und die Stützen sind aus Stahlbeton. Durch diese Hybridkonstruktion konnte ein Optimum an Kosteneffizienz und ökologischer Gebäudekonzeption erreicht werden. Die Außenfassade ist aus Douglasienholzbrettern gestaltet, die aus nachhaltiger Forstbewirtschaftung des Elz- und Simonswäldertales stammen. Da es wegen des Logistikkonzepts und der daraus resultierenden Lagerhaltung so gut wie keine Fenster in den Außenwänden gibt, hat man für die äußere Gestaltung eine Gliederung der Fassade mit unterschiedlichen Brettbreiten überlegt. Diese Optik verleiht dem Unternehmen ein neues, regionales Image. Das war dem Firmeninhaber sehr wichtig, denn der Betrieb wollte nicht mehr in gesichtslose Blechhallen investieren, zumal die nun gewählte Konstruktionsart bis auf die Fassade nicht teurer war als gängige Stahlhallen. Die Beheizung der Logistikhalle funktioniert über die Abwärme, welche beim Brennvorgang gewonnen wird. Gekühlt wird durch Grundwasser. Eine Photovoltaikanlage versorgt die wenigen technischen Anlagen mit Strom. Es erscheint ungewöhnlich, dass ein Gebäudekomplex, in dem über 20 Millionen Liter Alkohol lagern, vor allem aus Holz errichtet wurde. Diese Idee wurde vom Regierungspräsidium Freiburg in der Funktion als Genehmigungsbehörde intensiv unterstützt. Zusätzlich ergab unsere Recherche vor der Planung des Gebäudes, dass Holz sehr resistent gegenüber chemischen Prozessen ist. Viele Pro

jekte der Chemieindustrie vor dem zweiten Weltkrieg wurden aus diesem Material erstellt. Außerdem bildet sich auf Holz so gut wie kein Alkoholschimmel, der für Brennereien so typisch ist.                                                                                                                    

Holzbau am wirtschaftlichsten

Mit Holzdachtragwerken lassen sich große Spannweiten bewältigen. Diese Erfahrung haben wir beim Neubau der Fa. Scherzinger Pump Technology im interkommunalen Gewerbegebiet Neueck gemacht. Die Entscheidung für ein Holzdachtragwerk und eine Holzaußenfassade fiel auch aus Kostengründen. Zuvor wurden verschiedene Materialalternativen geprüft. Eine Fachwerkkonstruktion aus Baubuche war schlussendlich die wirtschaftlichste Lösung, außerdem kann man damit große Spannweiten elegant überbrücken. Es ist damit möglich, im Fachwerkzwischenraum problemlos sämtliche Leitungssysteme der technischen Versorgung unterzubringen. Natürlich darf ein Gebäude, das auf einem Höhenzug des Schwarzwaldes auf über 1000 m Höhe steht, auch eine Fassade aus Holz haben. Dadurch integriert sich der Bau gut in das ländliche Umfeld. Ein Biomassekessel versorgt das Gebäude in der Produktionsruhe mit Energie, außerdem wird Maschinenabwärme aus der Produktion über Wärmetauscher genutzt.

Turm für Glocken, Getier und Gäste

Die Kirchenglocken der Bleibacher Kirche wurden als Provisorium im Dachstuhl des historischen Chors untergebracht. Diese interimistische Lösung dauerte allerdings über vier Jahrzehnte an. Durch die dynamischen Lasten der schwingenden Glocken entstanden Risse im Deckengewölbe des Gebäudes, außerdem konnten aufgrund ungünstiger Rahmenbedingungen die Schallemissionswerte nicht eingehalten werden. Aufgrund dessen war es notwendig, einen neuen Kirchturm zu errichten, der neben der Funktion als Glockenträger mit einer Aussichtsplattform auch für den Tourismus genutzt werden sollte. Weiterhin sollten im Turmhelm Vögel und Fledermäuse ihr Refugium finden. Die vielfältigen Holzbauerfahrungen aus der Planung von Industrie- und Wohnungsbauprojekten können wir auch bei Sonderbauten einbringen. Deswegen war es naheliegend, den Multifunktionsturm der St.-Georgs-Kirche in Bleibach aus Holz zu errichten, zumal das bestehende Kirchenschiff aus den 1970er-Jahren dieses Material vorgibt. Auch das gleichseitige Dreieck, dem der Grundriss des Turmes folgt, findet sich an vielen Stellen des knapp 50 Jahre alten Bestandsgebäudes, das an einen gotischen Chor aus dem 16. Jahrhundert angebaut ist. Diese Grundform ist sehr stabil und deswegen statisch günstig. Die Außenwände wie die Treppenkonstruktion und die Podeste sind aus Brettsperrholzelementen hergestellt. Als Holzart hat man Weißtanne gewählt, die aus den Wäldern der Region stammt. Dieses Holz bestimmt die Innenraumwirkung des Turmschaftes, in dessen Innenraum tritt nur durch wenige Öffnungen genügend Tageslicht zum Besteigen der Aussichtsplattform. Bei der Außenverkleidung fiel die Wahl auf eine Accoyafassade. Dieses mit Essigsäurelösung behandelte Holz ist sehr widerstandsfähig und deswegen als Fassadenmaterial gut geeignet. Um dem formalen Anspruch gerecht zu werden, wurde auch die Dachfläche des Turmes mit diesem Material gedeckt. Durch den Turm wird das Bleibacher Kirchenensemble abgeschlossen. Das Baumaterial Holz findet sich dabei in jeder Epoche als wesentlicher Bestandteil der Gebäude wieder.

Für das Team um den Architekten Klaus Wehrle kristallisiert sich aus der gemeinsamen Arbeit die Erkenntnis, dass Wirtschaftlichkeit eine wesentliche Säule der Nachhaltigkeit sein muss. Für die Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft werden gigantische Finanzmittel gebraucht. Deswegen ist jeder Euro, der durch den Bau oder den Betrieb eines Gebäudes eingespart werden kann, ein potenzieller finanzieller Beitrag für die Gestaltung unserer Zukunft.  

Architektur 3
Am Stollen 18
79261 Gutach i. Brsg.


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